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Presse

Schwäbisches Tagblatt
Artikel vom 05.03.05

Kunst-Pfadfinderauf zehn Stationen

Ein Projekt will Jugendliche zwischen Rottenburg und Tübingen an die Kunst heran führen

ROTTENBURG/TÜBINGEN (wit).„Im Bereich Kunst passiert wenig für Jugendliche“, klagt Christoph Hölscher. Gemeinsam mit der Rottenburger Politikerin Ute Drews hat der für die AL/Grünen im Tübinger Gemeinderat sitzende Hölscher nun den „Kunstpfad Rottenburg-Tübingen“ angestoßen, der – so die Absicht – bürgerschaftliches Engagement bei Jugendlichen wecken soll. Mit dabei: Mentoren, Sponsoren sowie zehn regionale Künstler. Sie wollen jetzt im Frühjahr die Wegstrecke zwischen den beiden Nachbarstädten mit Kultur-Etappenzielen bestücken. Und hoffen auf Mitmach-Interesse.

Der sonnig-hoffnungsfrohe Blick schweift von Rottenburg (im Vordergrund) hinüber zu jenem Spitzberg-Ausläufer bei Wurmlingen, auf dem droben die Kapelle steht, und hinter dem es weiter geht, ins Ammertal hinein, gen Tübingen (im Hintergrund schemenhaft Waldhäuser). So ungefähr wird auch der Kunstpfad verlaufen – aus welcher Richtung auch immer man ihn betrachtet. Bild: Mozer

Nachdem im vorletzten Sommer auf einer waidwunden Sturmfläche im Dettinger Wald der – weiterhin zugängliche – „Dettinger Skulpturenpark“ von mehr als 20 Jugendlichen unter künstlerischer und fachmännischer Anleitung entstanden war, reifte bei Hölscher und seinen Mitstreitern die Idee, solch ein „Markenzeichen und touristischen Anziehungspunkt“ im größeren Stil auch näher an Tübingen heran zu rücken. Nun führt die geplante Strecke von der Rottenburger Kirchenmusikschule über die alte Wurmlinger Landstraße hinaus ins Ammertal, schweift hinüber zu den Wendelsheimer Weinbergen, schwenkt hinter der viel besungenen Kapelle ein in Richtung Ammerhof und zum Schwärzlocher Hof, um nach einem Abstecher zum Bismarckturm der Ur- und Frühheschichte, wie sie auf Schloss Hohentübingen zu besichtigen ist, nachzuspüren.

Der künstlerische Jakobsweg gliedert sich in zehn Stationen, die teils die ländliche Umgebung aufgreifen, teils sich aber solcher „Land-Art“-Machart verweigern. Ein erster kurzer Überblick:

Der Künstler Roger Aupperle will mit seinem Projekt-Beitrag „…dass bloß nichts aus dem Rahmen fällt!“ im Wurmlinger Dorfkern mittels Stahlrahmen „überraschungsvolle und differenzierte Sichtweisen der Wurmlinger Kapelle“ anbieten. Die Stahlkonstruktionen werden im Vorfeld von der Gruppe (zehn bis 14 Jugendliche) nach eigenen Vorstellungen vorbereitet, zusammengeschweißt und verzinkt; die unterschiedlichen Formate an Stangen befestigt und verankert.

Jutta Haag vollführt mit rund zehn Jugendlichen Stimmexperimente im Bismarckturm („Durch Mauern, durch Lüfte“). Die – per Video dokumentierten – Inhalte „sollen durch Stimme und Bewegung ausgedrückt werden, bis hin zu einigen aufführungsreifen Szenen und Bildern. Text(fragment)e, Gesang und Tanz können Ausgangspunkt oder Bestandteil der Arbeit sein.“

Thomas di Paolo will mit einer ähnlich großen Gruppe (zehn bis 14) an der 2,5 km lange Alte Wurmlinger Landstraße eine „Wegbeschreibung“ erarbeiten: „Grundsätzlich sind alle schriftlichen oder bildlichen Ausdrucksformen denkbar, die sich mit Farbe auf der Straße aufbringen lassen. Dies könnte ein durchgehender Text in einer Zeile sein. Oder verschiedene Schriftzeichen wie Hieroglyphen, Chinesische Schrift, Piktogramme, Steinmetzzeichen etcetera, als Versuch, die schriftliche Form der Mitteilung als solche darzustellen.“

Ralf Ehmann will mit vier bis acht jugendlichen Helfern zwei „Jungpaläolithische Kunstwerke“ der Uni-Abteilung für Ur- und Frühgeschichte auf Schloss Hohentübingen nachbilden. 60 mal 60 Zentimeter sollen die Mini-Kulturschätze dann werden, womöglich sogar in Bronze gegossen (zuerst aber in Zement). Die zu den ältesten Kunstwerken der Erde gehörenden Originale stammen aus dem Schlossmuseum und sollen vergrößert auf einen Sockel gestellt werden.

Volker Illi flicht mit seiner Gruppe in einem Waldstück zwischen Erddeponie und Domäne Ammern eine überdimensionale Kugel aus Silofolie, Gartenfließ und künstliche Spinnwebfasern zwischen die Bäume. („Im Zauberwald des Todes“) Pflanzen und Pilze in übernatürlicher Größe ergänzen die Szenerie.

Dieter Kimmelmann baut mit einem Dutzend Helfern in den Wendelsheimer Weinbergen das fantastische Flugobjekt „Abheben“: „In der Projektvorbereitung sammeln die Jugendlichen Schrott, Metall, altes Holz, also Materialien, die sonst weggeworfen werden, um daraus ein Flugobjekt herzustellen. Die Jugendlichen setzen sich nicht nur mit dem Thema Recycling auseinander, sondern erarbeiten sich auch einen Blick über den Tellerrand der Gemeinde.“

Jürgen Klugmann lässt ein „Stelenfeld“ beim Schwärzlocher Hof entstehen. Die Jugendlichen sollen es nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten und zuvor die Gesamtkonzeption des Stelenfeldes selbst erarbeiten. Es soll ein in sich abgeschlossenes Werk geben. Jeder Teilnehmer ist für eine Stele verantwortlich und stellt diese unter künstlerische Begleitung her. Zusammen wird die Gruppe die Anordnung der Einzelwerke zu einem großen Ganzen vornehmen und die entstandenen Stelen aufbauen. Dazu verwendete Materialien sind Holz, Metall und Lack.

Karin Martini und Sabine Oswalt setzen „Wegmarken“ aus Ton zwischen Wendelsheimer Weinbergen und der Salmendinger Kapelle.

Petra Mattes lässt eine rote und teils bemalte Stoffbahn zwischen Rottenburg und Wurmlingen entrollen.

Silke Panknin und Gerhard W. Feuchter entdecken „Farborte“ zwischen Ammerhof und Schwärzlocher Hof. Drei Farbhäuser mit den Grundfarben Rot, Gelb und Blau im Innern sollen von fern an einen Jägerstand erinnern und sich in das landschaftliche Bild des Waldrandes einfügen.

Rund 100 Jugendliche im Alter von zwölf bis 27 Jahren sollten dabei sein – und zwar, wie Rottenburgs WIR-Stadträtin Drews betont, keineswegs nur als Handlanger. Koordinator Jürgen Rohleder, als Rottenburger Lokale-Agenda-Kopf in Sachen Bürger-Engagement erprobt, assistiert: „Dies ist ein Paradebeispiel bürgerschaftlichen Engagements!“

Rottenburg ist darin bereits geübter als Tübingen. Und so kommen sechs der sieben erwachsenen Mentor(inn)en, die neben dem Dreierteam den Jugendlichen als Kunstpfadfinder beistehen, aus der Bischofstadt. Hölscher räumt ein: „In Tübingen fängt man jetzt erst damit an.“ Die Stadt Rottenburg beteiligt sich über den Agenda-Topf an den rund 23000 Euro Kosten; außerdem sind „Jes“-Mittel („Jugend engagiert sich“ bei der Landesstiftung beantragt. Rund 50 Sponsorenbriefe wurden verschickt; und Stadtrat Hölscher, ganz Idealist, spendet 1000 Euro aus seinem Sitzungsgelder-Fonds.

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Text: tagblatt online Online-Redaktion: tagblatt online

   
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